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Für sozialen und ökologischen Handel: sozialdemokratische Grundsätze für gerechte Wirtschaftsabkommen

Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Indonesien sorgt innerhalb und ausserhalb der SP für heftige Auseinandersetzungen. Während das Abkommen für die einen ein Meilenstein auf dem Weg zu fairem Handel darstellt, sehen andere in den Nachhaltigkeitskriterien für Palmöl leere Versprechen. Worin wir uns aber einig sind: Nur wenn wir die Macht weg vom Nutzen für das Kapital und hin zum Nutzen für die Menschen verlagern, erreichen wir zukünftig sozialen und ökologischen Handel.

Die SP Schweiz hat sich an der heutigen Delegiertenversammlung vom 13. Februar dafür ausgesprochen, das Abkommen mit Indonesien abzulehnen. Unabhängig von dieser einen Vorlage, sind die Probleme von Wirtschaftsabkommen offenkundig: Die bürgerliche Mehrheit versucht seit jeher, den Handlungsspielraum des Staates bezüglich Handelsregeln zugunsten von Konzernen einzuschränken. Ersichtlich wird dies an den dubiosen Freihandelsabkommen, welche die Schweiz in den letzten Jahren abgeschlossen hat, unter anderem mit China oder der Türkei. Dabei wird bloss ein Kredo verfolgt: Der Profit für die Eigentümer_innen von Schweizer Konzernen und KMU steht über allem. Dass dabei Menschenrechte oder die Versorgungssicherheit in anderen Ländern, vor allem im globalen Süden, verletzt werden, die dortige Wirtschaft übervorteilt wird und dabei keinerlei Standards zum Schutz der Umwelt festgelegt wurden, ist absolut untragbar.

Angesichts dieser Tatsachen dürfen wir allerdings nicht in die Rhetorik der Trumps, Bolsonaros und Köppels dieser Welt verfallen, die Protektionismus und Eigennutz fordern. Im Gegenteil – ökologischer und sozialer Handel auf Augenhöhe mit den Menschen anderer Länder ist möglich. Dafür brauchen wir einen Systemwandel. Die Wegwerfwirtschaft hat ausgedient, Ansätze der Kreislaufwirtschaft sind dringend nötig. Handel und Produktion können allerdings nicht einzig lokal oder national geschehen, denn alle Länder sind abhängig von Importen und Exporten. Dementsprechend ist auch internationaler Handel wichtig, um die Grundbedürfnisse der Menschen decken zu können.

Nach der Abstimmung über das Abkommen mit Indonesien stehen bereits Entscheide über die nächsten grossen Handelsabkommen vor der Tür: Das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten und jenes mit Malaysia, dem Nachbarland Indonesiens, welche eine mindestens so grosse Tragweite haben. Der Wirtschaftsraum Mercosur umfasst die Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay und somit über 260 Millionen Menschen; in Malaysia leben knapp 32 Millionen Personen. Zudem liegt insgesamt rund die Hälfte des weltweiten tropischen Regenwaldes in diesen beiden Weltregionen, was in den Abkommen zentral sein wird. Falls die Urwald-Rodung im Amazonas und in Südostasien, die damit verbundene Klimakrise und das Artensterben, die Asymmetrie zwischen den EFTA-Staaten und den Mercosur-Staaten und die wachsende soziale Ungleichheit nicht adressiert werden, wird die Sozialdemokratie die Abkommen vehement bekämpfen.

Im Zuge der bevorstehenden Verhandlung über das Mercosur-Abkommen fordern wir:

  1. Reform des WTO-Rechts: Die Welthandelsorganisation (WTO) ist derzeit aufgrund der Handelskriege nicht handlungsfähig. Traditionell legt sie allerdings den Rahmen für freien Handel und den Abbau von Zöllen auf Kosten von Mensch und Umwelt fest. Die Weltwirtschaft darf nicht durch entfesselte Profitgier gesteuert werden, sondern muss im Dienste aller Menschen durch starke internationale Organisationen und einen rechtlichen Rahmen gestaltet werden. WTO-Recht und Handelsabkommen müssen dem Gemeinwohl dienen. Der Bundesrat muss sich für eine gerechte Reform des WTO-Rechts einsetzen!
  2. Umfassende und verbindliche Nachhaltigkeitsbestimmungen: Die Schweiz und die andere Vertragspartei müssen sich endlich konsequenter der UNO-Nachhaltigkeitsagenda 2030 verpflichten und diese auch mit jedem Vertrag umsetzen. Seit einiger Zeit werden Freihandelsverträge mit einem Nachhaltigkeitskapitel ergänzt. Die Massnahmen versprechen einiges, sind allerdings ohne wirksame Kontrollen und ohne juristische Sanktionsmöglichkeiten sinnlos. Deshalb müssen Verstösse gegen die Nachhaltigkeitsbestimmungen durch Unternehmen in der Schweiz und im Partnerland einklagbar gemacht werden. Ausserdem müssen Verstösse gegen die Bestimmungen oder gegen vereinbarte internationale Normen Sanktionsmöglichkeiten bis zur teilweisen oder vollständigen Aussetzung des Wirtschaftsabkommens nach sich ziehen.
  3. Die Ausarbeitung eines umfassenden Aussenwirtschaftsgesetzes: Derzeit legt der Bundesrat die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik weitestgehend im Alleingang fest. Das Parlament kann Freihandelsverträge bloss in ihrer finalen Fassung bewerten. Das wird dazu führen, dass gegen Freihandelsverträge künftig immer öfter Referenden ergriffen werden. Mit einem neuen Aussenwirtschaftsgesetz sollen klare soziale und ökologische Grundsätze und Verfahren für die zukünftige Aussenwirtschaftspolitik festgelegt werden.
  4. Zollerleichterung nur bei fairer Produktion: Handelsregeln, welche die Produktionsweise als Massstab für Zollerleichterung nehmen, sind die Zukunft. Dafür braucht es mehr Kontrollen und Verantwortung entlang der Lieferkette. Produzent_innen sollen an ökologische und soziale Standards gebunden werden, sonst können sie nicht von Zollerleichterungen profitieren. .
  5. Demokratische Mitbestimmung: Wirtschaftsabkommen dürfen den demokratischen Spielraum für Regulierungen nicht einschränken. Die Menschen müssen demokratisch über ein Freihandelsabkommen entscheiden dürfen. Ist ein Abkommen in Kraft, muss der Handlungsspielraum für Regulierungen zum Schutz des Gemeinwohls erhalten bleiben, Verbesserungen der Standards müssen möglich sein und Konzerne in die Verantwortung genommen werden können.

Für die Sozialdemokratie ist klar: Wirtschaftsabkommen dürfen nicht länger der Profitgier der Konzerne ausgesetzt sein, sondern müssen die Herausforderungen unserer Zeit, wie die Klimakrise, das Artensterben, die wachsende globale Ungleichheit, sowie die Missachtung von Menschenrechten mindern, statt sie zu verschärfen. Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass die Schweiz, sowie die internationale Staatengemeinschaft ihre Verantwortung in der Handelspolitik endlich besser wahrnehmen!

Fabian Molina

Ronja Jansen

Jon Pult

Jacqueline Badran

Ursula Schneider Schüttel

Eric Nussbaumer