Die Schweiz gehört dazu
Die Grüne Bundestagsabgeordnete Chantal Kopf aus Freiburg und der Zürcher Nationalrat Fabian Molina (SP) plädieren für einen gemeinsamen europäischen Forschungs- und Bildungsraum.
Beide gehören wir zur Generation Erasmus. Europa ist für unsere Altersgruppe mehr als eine Idee. Umso mehr bedauern wir den Entscheid des Schweizer Bundesrats, die Verhandlungen für ein Rahmenabkommen Schweiz-EU abzubrechen.
Die negativen Auswirkungen dieses Entscheids zeigen sich immer deutlicher. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der daraus erwachsenen Bedrohung für ganz Europa wird umso klarer, dass wir enger zusammenstehen müssen. Nicht nur der Dialog, sondern auch die Verhandlungen müssen fortgeführt werden. Denn nur eine Einigung über die Grundsätze der Rechtsübernahme und Rechtsauslegung der Schweiz im Gegenzug für die Teilnahme am weltweit grössten Binnenmarkt kann die Probleme mittelfristig lösen.
Der Bundesrat hat inzwischen einen Vorschlag eingebracht, der eine Lösung der institutionellen Fragen durch sektorielle Regelungen vorsieht. Allerdings ist fraglich, ob die EU diesen akzeptiert, bietet der Bundesrat damit doch nur etwas an, das die EU bisher immer abgelehnt hat. Für die Probleme im Bildungs- und Forschungsbereich braucht es rasche und pragmatische Lösungen. Die Teilnahme der Schweiz an den EU-Kooperationsprogrammen ist für die Menschen auf beiden Seiten der Grenze von elementarer Bedeutung.
Wir schlagen deshalb vor, die bestehenden Probleme Schritt für Schritt anzugehen. Denkbar ist, dass der Bundesrat und die Kommission zunächst Verhandlungen über eine spezifische Vereinbarung zu den EU-Kooperationsprogrammen führen – dies mit dem Ziel einer zeitnahen Assoziierung der Schweiz an Horizon Europe. Gleichzeitig braucht es ein glaubhaftes und umfassendes Angebot der Schweiz, das die Regelung der institutionellen Fragen im Kontext der Schweizer Binnenmarktteilnahme garantiert. Die Erhöhung des Schweizer Kohäsionsbeitrags wäre eine begrüssenswerte Willensbezeugung, auf die in einem nächsten Schritt Verhandlungen über institutionelle Aspekte folgen müssen.
Wir sind überzeugt, dass eine rasche Lösung der bestehenden Probleme zwischen der Schweiz und der EU im vitalen Interesse guter nachbarschaftlicher Beziehungen liegt. Enge, vertraglich geregelte Beziehungen in Europa sind die Voraussetzung, um die grossen Probleme unserer Zeit für zukünftige Generationen meistern zu können.
Dieser Beitrag erschien am 10.06.2022 zuerst im «P.S.».