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Fairer Handel statt Freihandel

Wenn man sich die bisherige Gegenkampagne zur Initiative für Ernährungssouveränität anschaut, könnte man den Eindruck bekommen, dass wir am 23. September über die wirtschaftliche Abschottung der Schweiz abstimmen. Es wird vom Ende des Aussenhandels und gar vom Ende der Bilateralen schwadroniert. Ein absoluter Blödsinn, der sich kaum mit Fakten unterlegen lässt. 

Die meisten Forderungen der Initiative sind bereits heute Bestandteil der offiziellen Landwirtschaftspolitik. Etwa Deklarationspflicht, Abschaffung der Exportsubventionen, Förderung von Saatzucht- und anderen Organisationen sowie Absatzförderung. 

Auch beim Grenzschutz in Abs. 7 der Initiative wird nur verlangt, was schon existiert und sich bewährt hat: Ein Zollsystem mit Kontingenten. Über die Höhe der Zölle gibt es keine Vorgaben. Sprich: Sie können jederzeit in Übereinstimmung mit dem EU-Landwirtschaftsabkommen gesenkt werden. Bei Produkten, die Schweizer Standards erfüllen, müsste der Grenzschutz sogar abgebaut werden. Dies nicht nur in Übereinstimmung mit dem EU-Landwirtschaftsabkommen, sondern auch in Übereinstimmung mit den WTO-Übereinkommen von 1994.

Zum Thema von Abs. 8 der Initiative, der Privilegierung von Produkten, die den schweizerischen Normen entsprechen, existiert übrigens eine ausführliche Studie der Universität Bern, die zum Schluss kommt, dass eine Umsetzung dieses Grundsatzes problemlos WTO-kompatibel möglich wäre. 

Mit der inzwischen vom Parlament zurückgewiesenen Gesamtschau Agrarpolitik hat der Bundesrat seine zukünftige Landwirtschaftspolitik skizziert. Und dabei einen Schwerpunkt auf den Freihandel gelegt. Was dies für die Schweizer Landwirtschaft hiesse, wurde in der Folge öffentlich breit diskutiert. 

Für die Bäuerinnen und Bauern hätte ein neues Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten – oder wie jüngst als Idee neu lanciert mit den USA – zur Folge, dass sie in direktem Wettbewerb mit riesigen industrialisierten Landwirtschaftsbetrieben stünden und nicht mehr konkurrenzfähig wären. Die Qualität der Lebensmittel, die in der Schweiz auf den Teller kommen, würde abnehmen. Neu wäre etwa Hormon-Fleisch oder Gentech erlaubt. Lebensmittel würden vermehrt über weite Strecken transportiert und die sozialen Folgen für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in den Produktionsländern würden sich zusätzlich verschlechtern, weil sie ihren ganzen Betrieb auf Export ausrichten müssten. Profiteure wären einige Agrarkonzerne im Norden und die reichen Bauern im Süden. Die Schweiz hätte kaum etwas davon. 

Zusammenfassend heisst das: Die Initiative für Ernährungssouveränität gefährdet kein einziges bestehendes Freihandelsabkommen der Schweiz. Aber sie definiert in der Verfassung sinnvolle Grundsätze für zukünftige Abkommen und verhindert, dass diese auf Kosten von Konsument_innen und Produzent_innen die Produktion von gesunden, ökologischen und sozial produzierten Lebensmitteln schwächen. 

Beitrag an der Medienkonferenz für Ernährungssouveränität vom 30. August 2018. Es gilt das gesprochene Wort.