Meine Rede anlässlich der nationalen Solidaritätsdemo für die Ukraine
Der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die ukrainische Bevölkerung hat sich schon zum dritten Mal gejährt. An der nationalen Kundgebung vom 22. Februar 2025 durfte ich in meiner Rede Eindrücke meiner kürzlichen Reise nach Kyiv teilen, sowie gemeinsam mit vielen weiteren Teilnehmenden meine anhaltende Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung ausdrücken.
Liebe Europäerinnen und Europäer
Liebe Freundinnen und Freunde von Freiheit und Demokratie
Letzte Woche war ich in der Ukraine. Mit dem ICE drei Stunden von Warschau über die polnische Grenzstadt Chelm und dann weitere zehn Stunden mit dem Nachtzug bin ich mit Nationalrat Cédric Wermuth und Nationalrätin Farah Rumy nach Kyiv gefahren. Kyiv, die Hauptstadt der Freiheit. Kyiv ist heute eine Stadt zwischen Alltag und Krieg. Während am Tag eine merkwürdige Art von Alltag herrscht, ein Alltag mit wenigen Männern, verlassenen Baustellen und Soldaten in den Strassen, verwandelt sich die Stadt in der Nacht in eine Geisterstadt im Krieg. Es herrscht Ausgangssperre und fast jede Nacht wecken Luftalarms von heranfliegenden Drohnen und Raketen die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt. Dieser Zermürbungskrieg dauert inzwischen drei Jahre an. Drei Jahre in Angst, Unsicherheit und Trauer. Während ich die Ukraine nach drei Tagen wieder in die sichere Schweiz verlassen konnte, leben die Ukrainerinnen und Ukrainer mit den bisher ausgelösten Traumata, während ständig neue dazukommen. Als wir in Butscha waren, die Stadt der russischen Kriegsverbrechen an unschuldigen Männern, Frauen und Kindern, und die Gedenkstädte des Massengrabes besuchten, flogen wenige hundert Meter entfernt russische Drohnen vorbei. In der Ukraine bleibt keine Zeit zu trauern. Der Krieg geht weiter.
Seit nun mehr drei Jahren verteidigt sich die Ukraine gegen eine illegale, imperialistische Invasion. Und sie verteidigen damit nicht nur todesmutig ihre eigene Freiheit, sondern auch die Freiheit, das Selbstbestimmungsrecht und die Souveränität Europas. Nichts macht dies so deutlich, wie der infame, durch nichts zu rechtfertigender Verrat der US-Regierung am ukrainischen Volk in dieser Woche. Heute, im Jahr 2025, verhandeln zwei faschistische Autokraten, Putin und Trump, über die Aufteilung Europas. Die alte Ordnung ist tot. Putin hat die Nachkriegsordnung, das System der kollektiven Sicherheit, die regelbasierte Ordnung, den Frieden in Europa brutal angegriffen. Aber zerstört hat diese Nachkriegsordnung, inklusive der transatlantischen Beziehungen, diese Woche Trump. Er hat damit Putin Recht gegeben. Zwei autokratische Männer wollen die Welt wieder in Einflusszonen aufteilen. Sie sehnen sich nach einer Welt, in der nicht die Stärke des Rechts, sondern das Recht des Stärkeren gilt. Wenn sie sich damit durchsetzen, wird das nächste Opfer Georgien, Moldau, Polen oder Grönland heissen. Und das übernächste? Wir wissen es nicht.
Der Frieden und die Sicherheit in ganz Europa waren seit dem Zweiten Weltkrieg nie mehr in solcher Gefahr, wie heute. Und was tut unsere Bundespräsidentin? Sie wirft sich vor Trump in den Staub, erklärt die Angriffe des US-amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance auf die europäischen Demokratien für «schweizerisch». Sie erklärt, dass sich die Schweiz jetzt zwischen den USA und Europa positionieren müsste. Frau Bundespräsidentin, es ist schweizerisch, sich für die Demokratie, die Freiheit und die Gerechtigkeit, wenn nötig gegen fremde Vögte zu wehren. Sich in den Staub werfen vor faschistischen Autokraten ist es nicht. Es ist feige und unwürdig.
Und ich sage euch eines: Ein von aussen aufgezwungener Unterwerfungsvertrag wird keinen Frieden und keine Sicherheit für die Ukrainerinnen und Ukrainer bringen. Wer weiss und sieht, was die russische Armee während ihrer Besatzung in Butcha angerichtet hat, wie Menschen getötet, vergewaltigt, gefoltert und geschändet wurden, kann nicht behaupten, dass dies Frieden ist. Besatzung ist kein Frieden. Besatzung ist Gewalt und Unfreiheit. Und genau deshalb kann es keinen Frieden ohne Einbezug der Ukraine geben.
Liebe Freundinnen und Freunde, noch ist nichts verloren. Die Geschichte ist noch nicht fertig geschrieben. Seit drei Jahren verteidigt sich die Ukraine tapfer. Etwas das Putin nicht erwartet hätte. Die Freiheit Europas wird heute in der Ukraine verteidigt. Verliert Putin den Krieg, gewinnt Europa seine Souveränität zurück. Gewinnen Putin und Trump, wird die Ukraine ausverkauft. Und Europa wird zum Protektorat der Grossmächte. Unterstützen wir die Ukraine mit allem, was wir haben. Heute und solange wie nötig. Für die Demokratie, für den Frieden, für die Freiheit! Slava Ukraini!